Fortschritt und Fragmentierung

 

 

Wir leben in einer Zeit technologischer Triumphe.  

Wir simulieren Klima, entschlüsseln Gene, programmieren Bewusstsein.

 

Man scrollt – aber berührt nichts.  

 

Wir fliegen zum Mond – und bald vielleicht zum Mars.

 

Wir können alles.

Nur miteinander nicht.

 

Die Straßen sind voll,

die Netze sind dicht,

die Stimmen sind laut –

und doch ist die Gesellschaft leer.

 

Nicht im Sinne von Abwesenheit, sondern von Abgetrenntheit.

 

 

Man lebt nebeneinander – aber nicht miteinander.

 

 

Wir sind fragmentiert – nicht nur in Milieus, sondern in Empfindungen.

 

Der andere wird zur Störung,

wenn er nicht spiegelt, was man selbst denkt.

 

Man spricht – aber hört nicht.

 

Nähe wird zur Belastung, nicht zur Ressource.

 

Die Fortschrittsrhetorik verspricht Effizienz,

Das Gespräch beginnt – aber endet nicht.

 

Optimierung, Selbstverwirklichung.

 

Aber was, wenn der Mensch nicht effizient sein will –

sondern verbunden?

 

Was, wenn die ständige Selbstverbesserung zur Selbstverlorenheit führt?

 

Man antwortet – aber nicht auf das, was gefragt wurde.

 

Wir streiten, aber nicht aus Überzeugung –

sondern aus Gewohnheit.

 

 

Wir kommunizieren, aber nicht zum Verstehen –

sondern zum Senden.

Man sendet – aber empfängt nicht.

 

 

Wir konsumieren, aber nicht aus Bedürfnis – sondern aus Bewegung.

 

Die Gesellschaft ist müde. Nicht, weil sie zu wenig kann –

sondern weil sie zu viel muss.

 

Die Wohnung ist voll – aber leer.

 

 

Familien leben nebeneinander, nicht miteinander.

Generationen reden aneinander vorbei.

 

 

 

Die Nähe ist da – aber sie drückt.

 

 

 

Arbeitswelten sind zersplittert in Homeoffice, Projektarbeit, Gig-Economy.

 

Freundschaften bestehen aus Nachrichten, nicht aus Nähe.

 

Viele Menschen fragmentieren sich selbst – aus Angst vor Überforderung.

 

 

Man fragt – aber nicht, um zu verstehen.

 

 

Man zeigt nur Ausschnitte: das Profilbild, den Status, den Erfolg.

Man spricht nur in Rollen: Mutter, Kollege, Aktivist.

 

 

Die Welt ist laut – aber niemand ruft.

 

 

Man lebt in Segmenten: Arbeit hier, Emotion dort, Politik nirgends.

 

Sprache wird funktional, nicht verbindend.

Man sagt, was nötig ist – nicht, was wahr ist.

 

 

Die Stimmen sind viele – aber keine bleibt.

 

 

Man schreibt, was erwartet wird – nicht, was gefühlt wird.

Man hört, was passt – nicht, was stört.

 

Man hat keine Kraft mehr für das Ganze.

Die Welt ist zu groß, die Probleme zu komplex.

 

Man zieht sich zurück – in Filterblasen, Routinen, Ablenkung.

 

Man glaubt: „Ich kann eh nichts ändern.“

 

 

 

 

Die Gesellschaft ist da – aber nicht bei sich.